Innovative Öko-Landwirtschaft aus dem Sauerland

Arnsberg, 14.8.2021 –

Wie lässt sich erfolgreich Ökolandbau betreiben, der unter fairen Bedingungen ein gutes Auskommen garantiert und Tierwohl, Klima- und Umweltschutz garantiert? Was muss sich politisch ändern, damit eine solche Landwirtschaft zur Normalität werden kann? Und wie können wir die bäuerliche Landwirtschaft erhalten, das Höfesterben stoppen?

Diese und weitere Fragen hat Maria Tillmann, Bundestagskandidatin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, im Rahmen Ihrer HSK Landwirtschaftstour mit Sören Spiekermann vom Schickermooser Weidehof in Sundern-Stemel und der Familie Tigges vom Tiggeshof in Arnsberg-Ainkhausen diskutiert.

Ökolandbau für Mensch und Tier

In Deutschland wirtschaftet bisher jeder achte Hof ökologisch (Quelle: Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft). Auch im HSK steigt die Zahl der Höfe, die die konventionelle Landwirtschaft hinter sich lassen.

Im Rahmen ihrer HSK Landwirtschaftstour besucht Maria Tillmann, Bundestagskandidatin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Hochsauerlandkreis auch Betriebe, die jetzt schon erfolgreich ökologische Landwirtschaft betreiben. Dazu gehört zum Beispiel der den Schickermooser Weidehof von Sören Spiekermann in Sundern-Stemel.

Innovative Landwirtschaft aus dem Sauerland

Spiekermann hat ein Modell gefunden, bei dem er artgerechte Tierhaltung mit einer klimafreundlichen Landwirtschaft verbindet. Seine Masthühner zieht er in mobilen Ställen groß, die unten offen sind und jeden Tag um ihre volle Länge auf der Weide weiterbewegt werden. Tagsüber bewegen sich die Tiere im Freien und vergrößern durch ihr Scharren und Picken sowie ihre Ausscheidungen den Nährstoffgehalt im Boden.

Durch die tägliche Bewegung der Ställe kommt es gleichzeitig zu keiner zu starken Belastung einzelner Bereiche der Weide. Das Fleisch seiner Weidehähnchen verkauft Sören Spiekermann überwiegend über Bio-Händler in der Region und im Ruhrgebiet. Zudem hat er einen kleinen Hofverkauf in Sundern-Stemel.

Was er sich von der Politik wünscht? Ein Fach in der Schule, das schon den Jüngsten vermittelt, woher unsere Lebensmittel stammen und sie für artgerechte Tierhaltung und Klimaschutz sensibilisiert. “Bei den Kindern setzen wir die Grundlagen und sie tragen das, was sie gelernt haben, in die Familien”, so Spiekermann.

Lernen auf dem Bauernhof.

Im Kleinen macht das bereits die Familie Tigges auf dem Tiggeshof in Arnsberg-Ainkhausen.
Neben der Milchwirtschaft, der Hühner- und der Rinderzucht lädt die Familie Tigges regelmäßig Kinder, aber auch Erwachsene auf ihren Hof ein und bringt ihnen die Arbeit in der Landwirtschaft behutsam näher. Seit Kurzem gibt es auf dem Tiggeshof sogar einen Bauernhofkindergarten.

Der Hauptbroterwerb ist jedoch weiterhin die ökologische Landwirtschaft, für die sich die Familie schon vor vielen Jahren entschieden hat.

‘Wachse oder weiche’ muss nicht sein!

“Meine Stammtischkollegen haben mich damals für verrückt erklärt, als ich sagte, ich wolle auf biologische Landwirtschaft umstellen,” erzählt Hofinhaber Rudolf Tigges. Denn eigentlich gelte das Motto ‘wachse oder weiche’. Doch viele Landwirte hielten diesem Druck nicht Stand, führt Tigges weiter aus. Viele Höfe seien seitdem verschwunden. “Denn was ist das für ein Leben, wenn ich immer nur Schulden mit neuen Schulden bezahle?”, so Tigges.

Eigeninitiative ist gefragt

Mittlerweile geht die Familie Tigges sogar über die Standards der ökologischen Landwirtschaft hinaus: Sie behält ihre Kälber. Das ist auch in der biologischen Milchwirtschaft nicht üblich, weil es sich finanziell meist nicht lohnt. So gehen die männlichen und ein Teil der weiblichen Kälber oft in die konventionelle Mast in die Niederlande oder sogar nach Übersee. Beim Tiggeshof hingegen ziehen Ammenkühe die Kälber der Milchkühe groß. Die Kälber werden mindestens sieben Monate an den Ammen gesäugt und dann als Kalbfleisch oder Jungbullenfleisch vermarktet.

Das Tigges-Modell – es nennt sich ‘Geschwisterkalb’ – funktioniert deshalb, weil sich die Familie selbst um die Vermarktung kümmert. Sie führen einen Landladen und vertreiben einen Teil ihrer Produkte online. So erhalten die Lebensmittel die Preise, die sie verdienen. “Außerdem packen wir hier alle mit an. Wir kümmern uns selbst um die Werbung, die Webseite, den Vertrieb. Sonst ginge das nicht”, erläutert Ursula Tigges, die neben ihrem Mann Rudolf und der Tochter Mariekatrin den Tiggeshof führt.

GRÜNE fordern Systemwechsel

“Sören Spiekermann und die Familie Tigges zeigen, dass eine ökologische, nachhaltige Landwirtschaft möglich ist, von der die Landwirte auch leben können. Doch ohne starke Eigeninitiative und Unternehmergeist dieser Menschen gäbe es solche Modelle sicherlich nicht. Denn unser gesamtes Agrarsystem beruht auf Masse statt Klasse. Das setzt nicht nur die Landwirte unter Druck, es ist auch nicht gut für die Tiere und unsere Umwelt. Deshalb fordern wir GRÜNE einen grundlegenden Umbau der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.

Nicht die Industrialisierung der Landwirtschaft sollte gefördert werden, sondern klimaschonender, tiergerechter Ökolandbau”, schließt Maria Tillmann nach ihrem Besuch bei Sören Spiekermann und der Familie Tigges.